Marie BauerAUF Gelsenkirchen liegt mit seiner Unterschriftensammlung gegen die Abfackelung bei BP goldrichtig. Wir Kollegen bei BP sind von der Abfackelung am meisten betroffen. Gerade durch die Schichtarbeit kriegen die Kollegen das rund um die Uhr ab. Es ist typisch Geschäftsleitung BP, dass sie über jeden herzieht, der es wagt, sie zu kritisieren. Das war auch so, als ich darauf bestanden habe, als Jugendvertreterin übernommen zu werden. Es hat ihnen aber nichts genutzt. Sie mussten mich zumindest für die Zeit der Jugendvertretung übernehmen. Auch BP kann nicht machen was sie will, wenn man Widerstand entwickelt. Ich weiß von AUF, dass sie niemals Umweltschutz zu Lasten von Arbeitsplätzen fordern und wünsche AUF viel Erfolg.

Susanne WagnerDie BP behauptet: Das Abfackeln wäre gefahrlos, weil das Gas zu 99 Prozent verbrennen würde und nur Wasserdampf und Kohlendioxid gerieten in die Luft. Falsch!

Richtig ist, es sind hauptsächlich Kohlendioxid und Wasser. „Nur Kohlendioxid und Wasser“ klingt harmlos. Falsch! Angesichts der drohenden Klimakatastrophe ist jedes zusätzliche Kohlendioxid zu viel! Gelsenkirchen hat mit dem E.ON Kraftwerk in Scholven mit einem jährlichen CO2-Ausstoß von 10,7 Millionen t bereits den CO2-Emittenten, der auf Platz 8 der gesundheitsschädlichsten Kohlekraftwerke Deutschlands liegt!

Falsch ist weiterhin, dass das „restliche“ 1 Prozent gefahrlos ist. Es ist eine Mischung von giftigen, hochgiftigen und krebserregenden Verbrennungsprodukten. Unberechenbar ist, welche genau entstehen. Es ist eine chaotische Verbrennung, die Zusammensetzung der abgefackelten Gase und die Verbrennungsbedingungen wechseln. Absolut berechenbar ist, dass dabei unter anderem Nitroaromate, Aldehyde wie Formaldedyd und verschiedene polycyclische Aromaten entstehen. Sie sind krebserzeugend. Wer etwas anderes behauptet, sagt wissentlich die Unwahrheit.

Unter 1 Prozent klingt nach wenig. Falscher Eindruck! Erstens kommt es auf die Qualität der Stoffe in diesem einen Prozent an – und zweitens ist allein schon ein Prozent des Volumens der Abfackelung immens. Nur mal angenommen, tatsächlich würde nur unter 1 Prozent nicht vollständig verbrennen: Fachfirmen – wie Weber Engineering, Puhlheim - schätzen, dass pro Raffinerie und Jahr weit über 100.000 Tonnen Produkt abgefackelt werden. Das wären dann für Horst und Scholven jeweils 1.000 Tonnen im Jahr, die durch die Abfackelung in Giftstoffe, Ruß und andere Feinstäube verwandelt und über unsere Stadt verteilt werden!

Dr JooßDass beim Abfackeln die Gase rückstandslos verbrannt werden, und nur Wasserdampf und Kohlendioxidin die Luft gelangen ist nicht richtig.

Kohlendioxid ist ein farbloses Gas und damit im sichtbaren Licht unsichtbar. Wasserdampf erscheint bei hoher Dichte weiss bis hellgrau. Wenn schwarze Rauchfahnen auftreten, sind notwendigerweise andere Inhaltsstoffe im Abgas. Die Aussage von AUF Gelsenkirchen, dass es sich um eine unvollständige Verbrennung handelt, bei der Ruß und Feinstäube entstehen, ist richtig. Feinstäube unter 10 µm Größe können tief in die Lungen eindringen, bei unter 1 µm Größe sogar in die Blutgefäße.

Die entscheidende Größe bei Feinstäuben ist nicht ihre Masse, die verschwindend gering sein kann. Entscheidend sind die Partikelzahl und die mit geringerer Größe zunehmende spezifische Oberfläche. Diese ist in der Regel hoch reaktiv und insbesondere hydrophobe Stoffe, wie aromatische Kohlenwasserstoffe neigen dazu, an ihren Oberflächen zu adsorbieren. Insofern ist mit der Feinstaubemission aus unvollständiger Verbrennung die große Gefahr der Ausbreitung von Giftstoffen verbunden.

Mast ist sachkundiger Einwohner von AUF Gelsenkirchen im Umweltausschuss.

willi mast web KopieDie Verbrennungsprozesse bei der Abfackelung sind alles andere als rückstandsfrei und unproblematisch. Im Gegenteil - es werden dabei zahlreiche Kohlenwasserstoffe frei, die die Umwelt und den Menschen belasten. Ohnehin gibt es immer wieder erhöhte Benzolaustritte aus der Raffinerie in Scholven, was die Anwohner zurecht beunruhigt. Auch um die Benzolemissionen zu senken, müssen Abfackelungen soweit wie möglich vermieden werden. Benzol ist krebserregend. Im Umfeld der BP wurden Monatsmittelwerte von bis zu 12 μg gemessen bei einem Jahresmittel-Grenzwert von 5 μg. Dabei ist bemerkenswert, dass die Messungen in der Umgebung der Anlage erst erfolgten, als der Druck aus der Bevölkerung zunahm. Weder das LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen), geschweige denn die BP selbst hatten von sich aus die zum Teil drastisch erhöhten Benzolwerte bekannt gemacht. Soviel zum Thema hohe Gesprächs- und Informationsbereitschaft der BP!

AUF hatte schon seit Jahren die Einrichtung unabhängiger Meßstationen gefordert, wozu jede Initiative von den etablierten Parteien abgelehnt wurde.

Auch große Mengen von Feinstäuben werden bei chaotischen Verbrennungsprozessen dieser Art freigesetzt. Feinstäube können je nach Größe bis in unsere Lunge und sogar direkt ins Blut eindringen - und Krebs, Immunstörungen, Diabetes und vorzeitigen Herztod verursachen. Zahlreiche Studien beweisen: Das Risiko steigt in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feinstaubkonzentration – und zwar bereits bei Werten unterhalb des EU-Grenzwertes von 20 ppm! Diese Stäube stammen nicht nur aus dem Verkehr, sondern zum größeren Teil aus Industrieanlagen („Hintergrundsbelastung“). Wenn unsere Stadt seit Jahren die Grenzwerte an der Kurt-Schumacher-Strasse nicht mehr einhalten kannn, dann besteht hier dringender Handlungsbedarf bezogen auf alle möglichen Emittenten in der Stadt.

Dr KruseDr. Hermann Kruse, Toxikologe am Universitätsklinikum in Kiel / Schleswig-Holstein

Richtig ist, dass die Hauptemittenten der Gasfackeln Kohlendioxid und Wasser sind. Richtig ist aber auch, dass je nach Verbrennungsbedingungen u.a. auch polyzyklische Aromaten gebildet werden, welche krebserzeugend wirken wenn sie eingeatmet werden. Polyzyklische Aromaten sind Produkte der unvollständigen Verbrennung.

Die Ausführungen von Marc Schulte zur Benzolbelastung sind irreführend. Geht es hierbei um Benzolemissionen oder handelt es sich um Benzolimmissionen, die an den 5 punkten um das Werk herum gemessen wurden? Er wirft das das durcheinander.

An einem Punkt wurden erhöhte Benzolkonzentrationen festgestellt, später hätten diese nach Maßnahmen laut Werksangaben 2013 den Jahresgrenzwert um die Hälfte unterschritten, sagt Marc Schulte. Für die toxikologische Bewertung ist die Hergabe aller Emissionswerte und die Angabe von Hintergrundwerten notwendig. Als Hintergrundwerte bezeichnet man das, was man in Gebieten außerhalb des Werks findet.

Fest steht, dass Benzol als Krebsinitiator Leukämien (Blutkrebs) hervorrufen kann. Toleranzwerte gibt es nicht; es gilt das Minimierungsgebot. Notwendig sind Umgebungsluftkontrollen auf nicht nur Benzol, sondern auch auf Produkte der Fackelverbrennung außerhalb von Kohlendioxid und Wasser. Dazu zählen PAK, Nitoroaromate, Aldehyde wie Formalaldehyd - als Produkte der unvollständigen Verbrennung. Diese müssen der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. Die Messungen müssen dort gemacht werden, wo die Menschen wohnen, also um das Werk herum und nicht nur an den Messstellen im Werk. Das sollte man nicht bagatellisieren.

Die ganze Geschichte ist dadurch gekennzeichnet, dass Daten aus der Umgebungsluft fehlen. Und die muss das Werk machen und zur Verfügung stellen. Aber für Benzol gibt es keine Toleranzen – auch wenn der offizielle Grenzwert unterschritten wird, ist ein Gesundheitsrisiko vorhanden.