Redebeitrag zum Top 1.1 der Ratssitzung am 3.4.2014

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren!

Als ich gestern Abend noch keine Resolutionsvorlage auf dem Tisch hatte machte ich mir schon ernsthafte Sorgen um diesen begrüßenswerten Tagesordnungspunkt. Ich fragte sogar bei Herrn Kemper an, ob Sie möglicherweise aufgrund meiner frühzeitig eingebrachten, profunden Kenntnisse über den Koalitionsvertrag der GroKo von mir einen Resolutionsentwurf erwarten? Herr Kemper beruhigte mich: es kommt auf jeden Fall einer. Und so lag er denn auch - nach offensichtlich schwerer Geburt – heute früh vor. Ich begrüße diesen Resolutionsentwurf und werde für AUF Gelsenkirchen selbstverständlich zustimmen.

Unterstreicht er doch ausdrücklich die Grundthese meines Redebeitrags zum städtischen Haushalt, dass einem bei der Politik der GroKo in Bezug auf die kommunalen Finanzen Angst und Bange werden kann. Ich möchte in diesem Zusammenhang – wie schon im Hauptausschuss – noch einmal kritisch auf die kuriose Situation hinweisen, dass ich während dieses Redebeitrags zweimal vom Herrn Oberbürgermeister unterbrochen wurde mit der ultimativen Aufforderung, nicht über den Koalitionsvertrag zu sprechen, da dieser nichts mit der Haushaltsdebatte zu tun habe. 

Inzwischen wird dieser befremdliche Einwurf dankenswerterweise sowohl in Ihrer Vorlage als auch schon im Hauptausschuss von Herrn Dr. Lunemann in Euro und Cent eindrücklich widerlegt.

Wie Sie aus den vagen Formulierungen des Koalitionsvertrages, die Sie freundlicherweise in der Vorlage im Wortlaut zitieren, eine verbindliche Zusage ablesen bleibt für mich allerdings weiterhin schleierhaft. Aber wenn sie Wert darauf legen, die GroKo nicht nur vager Formulierungen, sondern eines Wortbruchs zu bezichtigen, will ich mich dem natürlich nicht verschließen.

Herr Dr. Pruin führte im Hauptausschuss aus, dass man mir ja viele Fähigkeiten absprechen könne – dass er mir aber durchaus zutraue, den Gesamttext des Vertrages zu lesen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.

Ermutigt durch dieses Vertrauen möchte ich doch noch einige Hinweise zum Gesamtgehalt des Koalitionsvertrages machen, in dem aus meiner Sicht noch weitere Sprengsätze für die kommunale Finanzsituation enthalten sind: So soll weiter die Gewerbesteuer Grundlage der kommunalen Finanzierung sein. Damit fällt der Koalitionsvertrag sogar hinter die Position der letzten Bundesregierung zurück, die 2010 immerhin eine Kommission für eine Gemeindefinanzreform eingesetzt hatte. Für die Kommunen wäre auch eine klare Aussage zur Durchsetzung des „Konnexitätsprinzips“ wichtig gewesen, was er ausdrücklich nicht leistet. Dieses hieße, sowohl die Eingliederungshilfe, als auch die Finanzierung von U 3 und sämtlicher Hartz IV Folgekosten voll vom Bund zu übernehmen. Die vollmundig gepriesene Erhöhung der Städtebauförderung ist nicht mehr als die Rücknahme der vorhergehenden Kürzung; die angekündigte Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus ist eine schlichte Nullnummer.Das alles wird uns sicherlich in Zukunft noch manche Nuss zu knacken geben.

Auch wenn aus aktuellem Anlass die Bundesregierung der richtige Adressat für die heutige Resolution ist, so müsste gerechterweise auch die Landesregierung verstärkt in die Pflicht genommen werden – als Stichwort sei hier nur die Finanzierung der Kosten für die Inklusion genannt.

Abschließend möchte ich mich ausnahmsweise beim Herrn Oberbürgermeister mal ausdrücklich bedanken: nämlich für den eindrücklichen Empfang zum Internationalen Frauentag. Daran anknüpfend möchte ich mit einem Zitat der frühen Frauenrechtlerin Hedwig Dohm schließen, das hervorragend zu unserer heutigen Diskussion passt:

"Glaube nicht, es muss so sein, weil es so ist und immer so war. Unmöglichkeiten sind Ausflüchte steriler Gehirne. Schaffe Möglichkeiten."