Jetzt erst Recht: Schluss mit der Verbrennung und Vertuschung!

AUF A4 2 Klimakiller

Seit Mitte 2018 bereitet ein Umweltskandal den Menschen in Gelsenkirchen Sorgen. Auslöser war die kriminelle Entsorgung von 30.000 Tonnen hochgiftiger Ölpellets in einer Tongrube in Schermbeck. Im Prozess kam heraus, dass seit Jahrzehnten Ölpellets aus der BP-Raffinerie Scholven im benachbarten Kohlekraftwerk von Uniper verbrannt werden. Ölpellets enthalten unter anderem die krebserregenden Schwermetalle Nickel und Vanadium. Das ist höchst alarmierend für Gelsenkirchen, Bottrop und Recklinghausen, die an der Spitze der Krebsneuerkrankungen in NRW stehen. Das reiht sich ein in eine ganze Reihe von Risiken durch die Hinterlassenschaften der Kohle- und Petrochemischen Industrie: Von Giftmüll und PCB unter Tage, verseuchten Kokereiflächen, Abfackeln, Kokerei-Abgase, Arbeitsplatzvernichtung durch Zechenschließung und vieles mehr.

Seitdem hat sich AUF Gelsenkirchen für die vollständige Aufklärung eingesetzt und eine dauerhafte Einstellung der Ölpellet-Verbrennung gefordert! Dafür wurden bislang über 1.300 Protestunterschriften gesammelt und notariell beglaubigt. Diese Unterschriften wurden im Rahmen einer Protestaktion an den BP-Manager Rick Johnson übergeben. Nach vorheriger vielfach sachlicher Berichterstattung – auf einmal kein Wort davon in der Printausgabe der WAZ und bei Sat1 NRW, die anwesend waren. Da war doch garantiert BP im Hintergrund „regulierend“ tätig! Sind die Stimmen der unmittelbar betroffenen Anwohner nichts wert?

Die Ölpellets wurden mit Genehmigung der Bezirksregierung nicht als Abfall bezeichnet und mit Genehmigung der Bezirksregierung Münster verbrannt. Die Bezirksregierung hat sich hier als unkritischer, grob verantwortungsloser Dienstleister für BP und Uniper gezeigt und sowohl die Verbrennung als auch die Umdeklarierung der giftigen Abfälle abgenickt. Das qualifizierte die AUF-Stadtverordnete Monika Gärtner-Engel im Rat der Stadt treffend als legalisierte Volksvergiftung! Sie und Jan Specht als sachkundiger Einwohner im Umweltausschuss haben sich von Anfang an als konsequente und kompetente Kritiker gezeigt. Noch auf der Ratssitzung am 11.10.2018 stimmte der Rat geschlossen für die zumindest zeitweilige Aussetzung der Verbrennung. Die Führungsspitze von BP und Uniper setzen sich rücksichtslos auch darüber hinweg. Offenbar wird BP ebenfalls im Hintergrund „meinungsbildend“ tätig. Prompt drehen sich sowohl SPD als auch CDU um 180 Grad. Krebserregende Stoffe müssen minimiert werden und dürfen nicht einfach unter Millionen Tonnen Kohle untergemischt werden, um unter den Grenzwerten zu bleiben.

Das Landgericht Bochum, der renommierte Umweltrechtler Prof. Dr. Martin Führ und andere halten die Praxis der Ölpellet-Verbrennung zu Recht für illegal. Am 29.1.2019 bei einer Sitzung des Umweltausschusses mit vorheriger Führung durch BP sollte das ganze Thema nach Wunsch der Verantwortlichen beerdigt werden. Wir listen hier Punkte auf, warum von Entwarnung keine Rede sein kann und der Protest weitergehen, ja sich verstärken muss:

1. BP hatte am 29.1.19 den Umweltausschuss zur Werksbesichtigung eingeladen. Mit großem Aufwand und dem Versprechen der Transparenz wurden die Argumente der BP und von Uniper dargelegt. Von Transparenz kann jedoch keine Rede sein. Wie der WDR am Morgen nach der Werksbesichtigung und der Sitzung des Umweltausschusses berichtete, „wussten die Bochumer Staatsanwälte seit Ende 2013 nicht nur von der Gefährlichkeit der Ölpellets, sondern auch von den Versuchen der Firma BP/RuhrOel, diese Gefährlichkeit zu verschleiern und von der möglichen Beteiligung von Vertretern der Aufsichtsbehörde (Bezirksregierung Münster) daran.“ (Quelle) Transparenz hätte bedeutet, wenn über diese Vorgänge berichtet worden wäre. Ebenso wäre es transparent gewesen, wenn die Beteiligten BP, Uniper und die Bezirksregierung die Unterlagen zum Vorgang veröffentlicht hätten, darunter die Präsentation der BP-Task-Force, die in der Presse schon zitiert wurde. Es müssen Roß und Reiter genannt werden, die an den Gesprächen zur versuchten Verschleierung beteiligt waren.

2. Mittlerweile ziehen die Mauscheleien immer weitere Kreise. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm ermittelt nun gegen vier Staatsanwälte aus Bochum, die von den Verschleierungsversuchen durch BP und Bezirksregierung wussten. Anstatt dem nachzugehen, wurden informelle Gespräche geführt. Gefälligkeiten oder gibt es hier sogar Anzeichen für Bestechung und Korruption? AUF Gelsenkirchen prüft eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Bezirksregierung Münster, die ganz offensichtlich mehr als wohlwollend gegenüber BP agiert hat.

190125 Uebergabe Unterschriften3. AUF Gelsenkirchen sieht sich darin bestätigt, dass der Protest und die Aufklärungsarbeit unter den Menschen in Gelsenkirchen, Gladbeck, Bottrop, Dorsten und Recklinghausen wesentlich zur Aufklärung beigetragen haben. Das Thema muss von den betroffenen Anwohnern diskutiert werden und dazu brauchen sie alle Informationen. Keine Hinterzimmergespräche mehr! Wir werden uns entschieden dagegen, wie „Gefährder“ behandelt zu werden: entgegen der Vereinbarung zu einem Gespräch bei BP wurden die Vertreter des Aktionsbündnisses „Gegen die BP-Ölpellet-Verbrennung - für saubere Luft!“ bei der Übergabe der 1300 Unterschriften vor dem Werkstor abgefertigt, umgeben von massiv aufgefahrenen Security-Kräften.

4. Der Artikel in der WAZ vom 30.1.2019 ist nach vorheriger durchaus sachlicher Berichterstattung schlagartig eine völlig unkritische Übernahme der BP-Krisenkommunikation. Entweder lässt sich die WAZ durch eine eigens gedruckte Broschüre, Auftritt des früheren Vice Presidents für alle BP-Raffinerien und jetzigen Raffinerieleiters Nick Spencer inklusive Simultandolmetscher beeindrucken. Oder das „überparteiliche“ Blatt unterwirft sich der Seelenmassage im Hintergrund, wie sie offensichtlich auch bei den Staatsanwälten betrieben wurde. Kritische Stimmen und offene Fragen wie die von AUF Gelsenkirchen, aber auch den Grünen und WIN scheint es nicht gegeben zu haben. Wir fordern ausgewogene, demokratische Berichterstattung!

5. Betrachtet man die gesamte Schwermetallmenge der Ölpellets, so kommt man auf Grundlage der BP-Analysewerte und einer abgerundeten Gesamtmenge von 30.000 Tonnen Ölpellets im Jahr auf Werte von 90 Tonnen Vanadium und 30 Tonnen Nickel (erlaubt wären laut Genehmigung der Bezirksregierung bis zu 300 Tonnen Vanadium und 100 Tonnen Nickel bei Ausschöpfung der maximalen Mengen und Erreichung der Grenzwerte in der Ölpelletzusammensetzung). Beide sind hochgradig gesundheitsgefährdende und krebserregende Stoffe! Diese Mengen gehen ins Kraftwerk rein und müssen es folglich auch wieder verlassen. Laut der Präsentation von Uniper geht der Großteil in die Kraftwerksasche, die als Zusatzstoffe für die Bauindustrie verkauft wird, ein weiterer Bestandteil in Gips, der vor allem zu Rigipsplatten verarbeitet wird, zu einem kleineren Teil in die Schwermetallabscheidung und ein geringer Prozentsatz geht in die Abluft.

6. Die von der BP getätigten Aussagen in Bezug auf die Frage, ob es sich bei den Ölpellets um Abfall oder Nebenprodukt handelt, waren schlicht irreführend. Nach der Auslegung wäre jeder Stoff, der sich zusammen mit einer viel größeren Menge Steinkohle verbrennen lässt, ein Nebenprodukt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz sagt ganz klar, dass Nebenprodukte „insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt“ führen dürfen. Die Grenzwerte an den Kaminen des Kraftwerks Scholven werden im Wesentlichen eingehalten – das ist unstrittig. Aber es hätte nie genehmigt werden dürfen, dass die Ölpellets so weit kommen, um mit der Kohle „verdünnt“ zu werden.

7. Große Sorgen muss man sich machen, dass die verantwortlichen BP-Manager die Megatrends der Zukunft verschlafen: Die Mobilität von morgen wird immer weniger Kraftstoffe benötigen. Wenn aus Profitgründen spekulativ an umweltschädlichen Technologien festgehalten wird, liegt das ganz allein in der Verantwortung der Profiteure. AUF Gelsenkirchen ist zuversichtlich, dass die BP-Mitarbeiter mit ihrem großen Know-how und ihrer langjährigen Erfahrung die aufgeworfenen Probleme lösen können. Erdöl ist zu wertvoll zum Verbrennen! Aber wirksamer Umweltschutz kann Tausende Arbeitsplätze schaffen! Kein Kampf für Umweltschutz ohne neue Arbeitsplätze – kein Kampf zum Erhalt der Arbeitsplätze ohne Rücksicht auf den Umweltschutz!

8. Es ist ein Teilerfolg der Protestbewegung gegen die Ölpellets, dass BP angekündigt hat, die Produktion der Pellets 2022 einzustellen. Damit wird aber das Problem nicht verschwinden. Es wird nach den bisherigen Aussagen weiter an der Schwerölvergasung festgehalten, wodurch weiterhin Petrolruße entstehen, in denen Schwermetalle konzentriert vorliegen. Was soll damit geschehen?

9. BP muss sicherstellen, dass diese Produktionsabfälle nachhaltig, umwelt- und gesundheitsgerecht verwertet werden. Ein Transport der Ölpellets muss unbedingt vermieden werden. BP steht an Nummer 8 der umsatzstärksten Unternehmen der Welt – Geld ist mehr als genug da! Doch nicht nur der Umsatz – die Profite sprudeln: allein in den ersten neun Monaten des Jahres hat BP rund 8 Milliarden Euro Gewinn gemacht.

10. Es ist völlig unverständlich, warum sich Herr Leichtweis als Vorsitzender des Umweltausschusses „erleichtert“ zeigt und die SPD ebenso wie die CDU umkippt und von ihrer Forderung nach einem Moratorium zur Ölpellet-Verbrennung abweicht. Keine 12 Stunden später zeigt der Bericht des WDR, dass von Erleichterung keine Rede sein kann. AUF hat keinerlei Verständnis für eine Ausnahmegenehmigung für BP, die lange bekannten, schärferen EU-Grenzwerte für Luftschadstoffe verspätet einzuhalten.

11. AUF Gelsenkirchen weist die kaum verhüllten Drohungen zurück, denen zufolge eine Änderung an der Ölpelletproduktion negative Auswirkungen auf das Abfackeln oder die Abwasserqualität und möglicherweise schlimme Konsequenzen für die Arbeitsplätze hätte oder zur Folge hätte, dass Schweröl als Schiffstreibstoff verwendet wird. Das ist allein die Verantwortung von BP. Kein Schritt zurück bei erreichtem Umweltschutz! Umweltschutz und Arbeitsplätze gehören zusammen.

12. Die Gesundheit der Bürger*Innen an erste Stelle! Zu fordern ist: Die Ölpelletverbrennung muss dauerhaft eingestellt werden!

AUF Gelsenkirchen informiert und lädt alle Anwohner*Innen, Interessierten und Mitarbeiter*Innen von BP herzlich ein zu einer Informationsveranstaltung am Dienstag, 12. Februar 2019 um 18 Uhr in der Gaststätte Brinkmannshof, Bußmannstraße 10 in Gelsenkirchen-Hassel.

 Flyer als PDF zum Download