Zunächst stehe ich wieder in dem großen Zwiespalt, ob ich auf meine Vorredner eingehen soll. Was hier an wirrem Unsinn vertreten wurde, sollte eigentlich schlicht übergangen werden. Auf der anderen Seite waren die Reden von Pro Deutschland und in weiten Teilen auch der AfD dermaßen von rassistischen, faschistoiden und ultrareaktionären Tiraden gespickt, dass es nicht unwidersprochen bleiben kann. Ohne im Einzelnen darauf einzugehen: Ihre Behauptungen bis hin zu Unterstellungen, dass sich die Werbegemeinschaft Buer Gelder unter den Nagel gerissen habe, grenzen hart an Straftatbestände der Volksverhetzung und der üblen Nachrede.

Doch nun zum Haushalt: Wie es Sie sicherlich nicht überraschen wird, lehnt AUF Gelsenkirchen diesen Haushalt ab. In der Debatte wird der Eindruck erweckt, als ob die „schwarze Null“ ein Durchbruch wäre. Natürlich ist das bilanzmäßig ein Fortschritt, aber dass damit alles in Ordnung wäre, ist ein gefährlicher Trugschluss. Die Verschuldung wächst damit zwar nicht weiter, aber dennoch lasten auf unserer Stadt gigantische Schulden, die sie niemals mehr wird abtragen können.

Vor allem aber sind die grundsätzlichen strukturellen Mängel in der Haushaltspolitik nicht angegangen – das reicht von den Investitionen in Schulen, Infrastruktur bis zu Radwegen usw.. Grundsätzliche strukturelle Mängel existieren weiter und werden sogar ausgebaut - bezogen auf die kommunalen Finanzen. Außer schönen Worten von Seiten der Bundes- und Landesregierung hat sich die Situation in Wirklichkeit weiter verschärft. Stichwort Unterhaltsvorschuss, Stichwort Flüchtlingsfinanzierung. Der ständige Verstoß gegen das Konnexitätsprinzip übt einen massiven Druck auf die Kommunen aus.

Dabei ist Geld in dieser Gesellschaft in Hülle und Fülle vorhanden – und derzeit sogar im Staatshaushalt, bei dem ja explosionsartig die Einnahmen aus Massensteuern angestiegen sind und auch die Sozialsysteme mächtige Überschüsse aufweisen. Doch kein Drandenken, dass das wirklich in großem Umfang für die Kommunen, für die Behebung der kommunalen Finanz-, aber auch Umweltprobleme genutzt wird. Dass die Finanzsituation derzeit relativ günstig ist, beruht auf Sonderfaktoren, die nicht von Dauer sein werden: Steuerüberschüsse und vor allem die Politik des billigen Geldes, die die Zinslasten minimiert. Die Fed in den USA hat diese Politik bereits verändert und das wird auch bei der europäischen Zentralbank ankommen und dann sieht die Lage schon wieder ganz anders aus.

Ein weiterer Grund für die Ablehnung ist, dass letztlich sämtliche Anträge von AUF-Gelsenkirchen abgelehnt wurden, obwohl auf der Hand liegt, dass sie logisch, sinnvoll und nachvollziehbar sind. Sie gehen wohl den Gang aller vernünftigen Anträge von AUF Gelsenkirchen: Erst werden sie mit Pathos abgeschmettert und spätestens einige Jahre danach werden sie dann von irgendjemandem als die eigene Erfindung aus dem Hut gezaubert. Eine befremdliche Methode des Lernprozesses!
Die heutige Personalnot in verschiedenen Bereichen der Verwaltung wäre gar nicht notwendig, wenn unserem seit Jahren erhobenen Antrag auf eine zehnprozentige Ausbildungsquote bei der Stadt gefolgt worden wäre.

Ein letzter Grund, warum wir den Haushalt ablehnen, ist, dass Sie mehrheitlich den Bürgerhaushalt liquidiert haben. Das, was jetzt auf Bezirksebene abläuft, ist sicherlich eine Option, die fortgesetzt werden sollte. Den bisherigen Bürgerhaushalt mit der Möglichkeit für die Gelsenkirchener, sich über die Stadtprobleme und ihre Lösung zu äußern, zu ersetzen, ist jedoch nach wie vor nicht akzeptabel. Wenn man genauso viel wie in die Bezirksversammlung in die weitere Förderung des Bürgerhaushaltes gesetzt hätte, wäre er auch wieder aufgeblüht und mit Leben erfüllt worden – vor allem wenn man nicht so bürokratisch, sondern offener mit den darin vorgetragenen Vorschlägen umgegangen wäre.

In diesem Sinne wünsche ich mir für die zukünftigen Haushaltsdebatten viel mehr Beteiligung der Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener und Respekt vor wohlbegründeten Vorschlägen wie von AUF-Gelsenkirchen und damit eine bessere, demokratische Streitkultur.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.