Am 20. August 2015 war Auftakt nach der Sommerpause im Rat. Es war eine interessante und lebhafte Sitzung, in der bedeutende kommunalpolitische Themen kontrovers diskutiert wurden und die Standpunkte von AUF Gelsenkirchen punkteten.
Die vier Besucher von AUF wurden wir alle Zuhörer vom Oberbürgermeister freundlich begrüßt, insgesamt gab es ziemlich gähnende Leere auf der Besuchertribüne, offensichtlich bestechen die Ratssitzungen nicht gerade durch Bürgernähe und spritzige Attraktivität.

Auf Initiative von AUF: Klares NEIN des Rates gegen faschistische Schmiereien

Monika Gärtner Engel, Stadtverordnete für AUF Gelsenkirchen, hatte Sachstand und Erklärung des Rates beantragt, vor dem Hintergrund der Angriffe auf die Familie Jordan, die Nazi-Schmierereien an der Flüchtlingsunterkunft Hauptschule Mehringstr. und weitere mögliche Bedrohungen von Antifaschisten und Flüchtlingen. Gemeinsam mit der Fraktion DIE LINKE hatte sie einen Resolutionsvorschlag eingebracht.

Diese Initiative wurde aufgegriffen, der Rat setzte nach Diskussion ein einstimmiges Zeichen der Solidarität. Monika Gärtner Engel: „Ich freue mich, und bedanke mich, dass Sie dem Vorschlag von AUF zu diesem Tagesordnungspunkt gefolgt sind. Die Leitlinie für uns war dabei: wehret den Anfängen. Vielleicht gibt es in anderen Städten mehr Schmierereien als in Gelsenkirchen. Aber das kann kein Grund sein, sich nicht sofort zu positionieren. Die Bezirksvertretungen West und Nord haben sich erfreulich schnell und eindeutig positioniert nach den ersten Schmierereien am Haus der Familie Jordan. Aber wir von AUF sind der Meinung: es ist auch Aufgabe des Rates, die Solidarität zum Ausdruck zu bringen. Ich finde es unbedingt wichtig, diesen Schmierereien und diesem Gedankengut keinen Raum zu lassen, und die antifaschistische Grundhaltung zu bestärken. In Gelsenkirchen gab es viele Solidaritätsbekundungen aus der Bevölkerung und aktive gelebte Solidarität. In Horst haben viele dabei mitgeholfen, die mit Naziparolen beschmiert Hauswand bei Familie Jordan zu überstreichen. Ich begrüße die Initiative der Fraktion der Grünen für ihren Vorschlag für eine Erklärung, deren Stärke ich in der Würdigung des Zusammenhalten und der Solidarität sehe. Damit wir hier einmütiges Zeichen setzen können und keine Konkurrenz oder gar Kampfabstimmung in dieser Angelegenheit aufkommt, ziehen AUF und LINKE zugunsten des gemeinsamen Resolutionsvorschlages unseren zurück. Ich möchte Sie bitten, zuzustimmen und dafür aktiv zu werden, die Willkommenskultur und Solidarität weiter Realität werden zu lassen.“

Für Herrn Melerski/Grüne, ist das Engagement für Flüchtlinge wichtig und keine Frage, dass sie aufgenommen werden müssen. Kein Mensch macht sich freiwillig ohne Not in einer Nussschale auf den Weg in eine ungewisse Zukunft.

Für etwas Tumult in der Debatte sorgte der berechtigte kritische Beitrag von Bettina Peipe/Linke, die die sich gegen die zur Schau getragene Heuchelei wandte.
Angesichts einiger Schlagabtäusche erinnerte der Oberbürgermeister an den 1. Mai in Gelsenkirchen, an die antifaschistische Gemeinsamkeit am 1. Mai.

Die Erklärung wurde einstimmig verabschiedet, leider auch mit den Stimmen von Pro NRW (sie seien gegen alle Schmierereien) –auf diese heuchlerischen unsägliche Stimmen legt keiner Wert!

Kosten für die Flüchtlingshilfe in der Debatte

Bei diesem Tagesordnungspunkt „Anerkennung der zusätzlichen Aufwendungen für die Flüchtlingshilfe jenseits der Stärkungspakt Vorgaben“ lagen Resolutionsvorschläge der CDU-Fraktion (zurückgezogen), der SPD-und CDU-Fraktion und von AUF Gelsenkirchen vor. (Nachzulesen im Ratsinfosystem der Stadtverwaltung)

Der Antrag von Monika war der einzige, der eine vollständige Kostenübernahme von Bund und Land fordert.

Monika hielt in der Diskussion einen Beitrag dazu am Rednerpult, den alle ohne Zwischenrufe verfolgten:

„Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren!
Eine Überrraschung wie von Herrn Heinberg/CDU über die steigenden Flüchtlingsströme kann ich nicht nachvollziehen! Dass die Zahl der Flüchtlinge steigt, war absehbar. In einer Welt, in der ein kapitalistisches Wirtschaftssystem herrscht mit Hunger, Kriegen, Umweltzerstörung, muss man sich darüber nicht wundern. Nicht zuletzt die Rüstungsindustrie, die Konzerne haben ihren Anteil an diesen Zuständen. Wir erleben heute mit über 60 Millionen Menschen auf der Flucht die größte Flüchtlingsbewegung seit dem II. Weltkrieg. Auf die Fragen der Ursachen und Zusammenhänge dieser Entwicklungen ist es nötig einzugehen! Man muss auch die Problematik der „vielen Flüchtlinge“ für Deutschland nicht übertreiben. 80 % der Flüchtlinge bleiben in ihren Regionen. Als das viertreichste Land der Welt hat die BRD Verantwortung für menschenwürdige Verhältnisse für die Flüchtlinge. Schweden und andere Länder nehmen einen weit größeren Anteil auf. Für AUF ist es selbstverständlich, dass Menschen, die Opfer geworden sind, hier menschenwürdig aufgenommen werden. Aber das Motiv kann nicht nur Mitleid sein. Diejenigen Ratsmitglieder, die beim Flüchtlingskinderfest auf Hof Holz dabei gewesen sind, wissen, was das für Powerkinder sind, die zu uns kommen, und was für eine Bereicherung. Alle jammern über die demographische Struktur in Gelsenkirchen – und da freuen wir uns doch über diese Jugendlichen, Kinder und Familien.
Die in der Resolution von CDU und SPD vorgeschlagenen Maßnahmen sind richtig – aber bei weitem nicht ausreichend. Sie orientieren hauptsächlich auf eine bessere Verwaltung und effektiveres Management des Mangels – so der schnellere und vollständigere Durchlauf vom Land zu den Kommunen. Aber selbst wenn das verwirklicht wird – unter den jetzigen Voraussetzungen ist damit das Problem keinesfalls gelöst! Deshalb muss – wie es nur die Resolution von AUF fordert – die hundertprozentige Kostenerstattung von Bund und Land an die Kommunen gefordert werden, anstatt die ganze Arbeit auf sie abzuwälzen und dann noch nicht einmal die notwendigen Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Diese zu geringen Mittel verunmöglichen geradezu, die Konzeption der Willkommenskultur zu verwirklichen.
Die Willkommenskultur ist die eine Seite, die andere ist dazu beizutragen und alles dafür zu tun, lebenswerte Verhältnisse in den jeweiligen Ländern zu schaffen, damit die Menschen nicht mehr fliehen müssen, sondern zurückkehren können. Hier hat die kommunale Politik im unmittelbaren Sinn natürlich wenig Einflussmöglichkeiten. Aber sie kann Menschen in der Stadt ermutigen, in diesem Sinn tätig zu werden. Mitglieder von AUF Gelsenkirchen arbeiten unter harten Bedingungen mit daran, in Kobane/ Rojava ein Gesundheitszentrum aufzubauen. Mitglieder von AUF Gelsenkirchen sind Initiatoren für eine inzwischen bundesweite Ärzteinitiative, die zwei LKWs voll Medikamente, und medizinisches Gerät als Spenden gesammelt hat.“

Inhaltliche Kontroversen sieht AUF zur Ratsfraktion der Grünen, die der Resolution von uns nicht zustimmten, weil sie angeblich zu sehr auf Kostenfragen eingeschränkt sei. Das war unübersehbar ein vorgeschobenes Argument nach dem Motto: 'Wie finden wir nur ein Haar in der Suppe, um keiner Resolution von AUF zustimmen zu müssen'. Sie lehnten auch die Resolution von SPD und CDU ab, jedoch ohne eigenen konstruktiven Vorschlag. Der Resolution von AUF stimmten auch Martin Gatzenmeier und Bettina Peipe/ Die Linke zu.

Viele Redebeiträge von CDU und SPD orientierten auf die Zustimmung der Grünen, ohne Erfolg. Abstimmungsergebnis für den Antrag von SPD/CDU: angenommen bei drei Enthaltungen von Monika/AUF, Martin Gatzemeier/LINKE, Bettina Peipe/LINKE und vier Gegenstimmen der Grünen.

Der Haushalt ist eingebracht

Die Beratung des Haushalts 2016 wurde eröffnet mit der Rede des Oberbürgermeisters (mit zum Teil sehr lebhaften Passagen der Kritik an der chronischen Unterfinanzierung der Kommunen an die Adresse der Landes-und Bundesregierung und z.T. auch seine eigenen Parteivertreter in Berlin). Es folgte die Haushaltsrede der kommissarischen Kämmerin Karin Welge.

Damit geht die Beratung des Haushaltes 2016 inklusive des Bürgerhaushalts in die Runde der Ausschüsse bis zur Beschlussfassung im Rat am 26.11.2015.
AUF wird ihn gemeinsam mit vielen Bürgerinnen und Bürgern erörtern in einer eigenen Haushaltsberatung, wird ihn beraten mit allen Interessierten, Betroffenen, in der Öffentlichkeit und auf der Straße. Sie sind gefragt!

Giftlisten soll es nicht geben, keinen Abbau an der fundamentalen sozialen Strukturen der Stadt. Einen Hinweis des Oberbürgermeisters auf eine Überprüfung des „Konzerns Stadt“ und mögliche Umstrukturierungen werden wir genau verfolgen, denn bestehende Strukturen überdenken im Zusammenhang mit einem Bäderkonzept lässt uns aufhorchen.

Der Fehlbetrag im Entwurf 2016 liegt bei 59,5 Millionen €, das Gewerbesteuersaufkommen ist mit 67,7 Millionen € beziffert (welche Überraschungen durch Gewerbesteuersrückforderungen noch ins Haus schneien, wird sich zeigen). Die größte Einnahmequelle bleiben aber die Schlüsselzuweisungen.

Der ausgeglichene Haushalt 2018 sei erreichbar, hieß es. AUF sieht das bei den vielen Unwägbarkeiten der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung als unrealistisch an. Die Schuldenfreiheit ist für Gelsenkirchen unter den jetzigen Umständen kein erreichbares Ziel. Selbst bei einem jährlichen Überschuss von 20 Millionen € würde es noch 40 Jahre bis zur Schuldenfreiheit dauern. AUF wird zügig in die Haushaltsanalyse einsteigen, öffentlich darüber informieren und diskutieren, Forderungen erarbeiten und engagiert in die Debatte einsteigen. Alle Gelsenkircheninnen und Gelsenkirchener sind dabei herzlich willkommen!